top of page

Warum Superhelden einer Organisation schaden – und was stattdessen hilft

Executive Summary


In vielen Organisationen werden besonders leistungsstarke Einzelpersonen oder kleine „Superteams“ als Helden gefeiert. Sie übernehmen viel Verantwortung, springen in Krisen ein und gelten als unverzichtbar. Doch genau diese Heroisierung kann Organisationen langfristig schaden.


Die fünf zentralen Probleme:

  1. Kein systemisches Lernen: Wenn immer dieselben Personen Probleme lösen, lernt das System nicht. Wissen bleibt bei Einzelnen, Strukturen werden nicht verbessert.

  2. Schwächung der Teamarbeit: Superhelden handeln oft im Alleingang. Das untergräbt Zusammenarbeit, schafft Ungleichheit und behindert Vertrauen im Team.

  3. Toxische Leistungskultur: Übermäßiger Einsatz wird zur Norm. Es entsteht Druck, sich aufzureiben – was zu Überlastung und Burnout führen kann.

  4. Fehlende Nachhaltigkeit: Organisationen werden abhängig von wenigen Personen. Fällt der Superheld aus, fehlt das Know-how – mit potenziell fatalen Folgen.

  5. Blockierte Entwicklung: Andere Mitarbeitende bekommen keine Chance zur Entfaltung, weil der Superheld immer im Rampenlicht steht und zentrale Aufgaben übernimmt.


Was stattdessen hilft:

  • Aufbau starker, verteilter Teams statt Einzelhelden.

  • Systemische Problemlösung statt kurzfristiger Rettung.

  • Entwicklung breiter Kompetenz statt individueller Überforderung.

  • Eine nachhaltige Leistungskultur mit gesunden Grenzen.

  • Führung, die Vertrauen schafft, statt Kontrolle auszuüben.



Woher kommen die Superhelden?

In vielen Organisationen werden sie gefeiert: die Leistungsträger, die unermüdlich Einsatz zeigen, die immer erreichbar sind, die in kritischen Situationen die Kohlen aus dem Feuer holen. Oft sprechen wir von ihnen mit einer gewissen Ehrfurcht – als „Helden“ oder „Retter“. In manchen Unternehmen gibt es sogar regelrechte „Superhelden“: Einzelne Personen oder kleine Teams, die durch besonderen Einsatz und Fähigkeiten scheinbar das Unmögliche möglich machen.


Was auf den ersten Blick beeindruckt, birgt jedoch Risiken. Superhelden – ob als Einzelpersonen oder in Form von exklusiven „Superteams“ – können auf lange Sicht erheblichen Schaden in einer Organisation anrichten. In diesem Blogartikel analysieren wir, warum das so ist, welche Folgen daraus entstehen – und was eine gesunde Alternative zum Superhelden-Modell sein kann.


Der Ursprung des Superheldenproblems

Oft beginnt es gut gemeint. Jemand übernimmt Verantwortung, geht die Extrameile, zeigt überdurchschnittliches Engagement. Führungskräfte und Kolleginnen freuen sich – und belohnen das Verhalten mit noch mehr Aufgaben, Vertrauen und Freiraum. So entsteht schleichend ein System, das Einzelne aufwertet – auf Kosten des Ganzen.

Auch Führung spielt eine entscheidende Rolle. Wer selbst im „Rettermodus“ unterwegs ist, erkennt oft nicht, dass er Superhelden systematisch fördert – und damit ein dysfunktionales Muster aufrechterhält. Ebenso fatal: Führungskräfte, die sich selbst als Superhelden inszenieren – und so kaum noch Delegation oder Entwicklung ermöglichen.


Der Mythos vom Superhelden

Superhelden retten die Welt, wenn sonst niemand helfen kann. Sie sind außergewöhnlich stark, besonders intelligent, unermüdlich und immer im Einsatz. In Organisationen zeigt sich dieses Muster oft in bestimmten Typen von Mitarbeitenden:


  • Die Person, die alles weiß und alles kann.

  • Die Person, die das Programm für die Produktion, das ERP, das Zeitprogramm geschrieben oder über viele Jahre hinweg ganz alleine betreut hat

  • Der Kollege, der alle Überstunden macht.

  • Die Mitarbeiterin, die immer „einspringt“, wenn etwas schiefläuft.

  • Das High-Performer-Team, das scheinbar alle Probleme löst – oft auf Kosten anderer Teams.


In vielen Fällen sind diese Menschen nicht nur toleriert, sondern werden geradezu glorifiziert. Sie erhalten mehr Anerkennung, mehr Verantwortung, manchmal auch mehr Privilegien – und sie selbst nehmen diese Rolle oft gerne an. Schließlich bringt sie Status, Selbstwert und manchmal auch Macht.


Doch dieser Mythos hat einen hohen Preis – für das Team, die Organisation und nicht selten für die Superhelden selbst.



Welche Probleme schaffen die Superhelden?

Problem 1: Superhelden verhindern systemisches Lernen

Wenn immer wieder dieselben Personen in der Krise die Lösung bringen, bleibt der Rest des Systems lernunfähig. Die Organisation gewöhnt sich daran, dass „der XY das schon richtet“ – und verzichtet darauf, Prozesse, Kompetenzen oder Verantwortung breiter aufzustellen. Dadurch entsteht eine gefährliche Abhängigkeit: Wissen, Erfahrung und Problemlösungskompetenz konzentrieren sich auf wenige Köpfe.


Im Extremfall wird Veränderung sogar blockiert. Warum sollte man Prozesse verbessern, wenn der Superheld sie sowieso kompensiert? Warum in Schulung investieren, wenn der Spezialist immer verfügbar ist? Warum soll der Superheld überhaupt Informationen teilen. Er ist ohnehin immer da. Das Ergebnis ist eine strukturelle Stagnation – Innovation, Entwicklung und kontinuierliche Verbesserung bleiben auf der Strecke.


Problem 2: Superhelden untergraben Teamarbeit

Superhelden handeln häufig solo. Sie agieren im Alleingang, entscheiden autonom, übernehmen Aufgaben ungefragt – und ziehen Anerkennung auf sich. Für echte Teamarbeit bleibt wenig Raum. Kolleginnen und Kollegen fühlen sich übergangen, abgehängt oder abgewertet. Die Folge: Demotivation, passives Verhalten oder sogar Konkurrenzverhalten.


Wenn dann auch noch ein „Superteam“ als exklusive Einheit aufgebaut wird – etwa ein Taskforce-Team, das immer dann eingreift, wenn die anderen „versagt“ haben – verstärkt das das Gefühl von Ungleichheit und Spaltung in der Organisation. Es entsteht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: die, die als kompetent gelten, und die, die „gerettet“ werden müssen.


Das untergräbt nicht nur Vertrauen, sondern auch psychologische Sicherheit – ein entscheidender Faktor für erfolgreiche Zusammenarbeit und Innovation.


Problem 3: Superhelden erzeugen eine toxische Leistungskultur

Superhelden stehen für Leistung. Aber oft für eine überhöhte, ungesunde Form von Leistung: ständige Erreichbarkeit, Dauerstress, Heroismus im Angesicht von Überforderung. Diese Form von Selbstaufopferung wird häufig als Vorbild dargestellt – und damit zur stillen Norm in der Organisation.


Das Problem: Wer nicht mithalten kann oder will, gilt schnell als „weniger engagiert“. Die stille Botschaft lautet: Wer erfolgreich sein will, muss mehr leisten, muss verfügbar sein, muss sich opfern. Die Folgen sind fatal: Überarbeitung, Stress, Burnout – und ein schleichender Verlust von Menschen, die eine gesunde Balance zwischen Leistung und Leben suchen.


Langfristig entstehen so hohe Fluktuation, steigende Fehlzeiten und eine Unternehmenskultur, die Erschöpfung normalisiert.


Problem 4: Superhelden sind nicht nachhaltig, sie können sogar gefährlich werden

Was passiert, wenn der Superheld nicht mehr da ist? Wenn er in Rente geht, kündigt oder einfach mal krank wird? In vielen Fällen bricht dann ein ganzer Bereich zusammen. Wissen ist nicht dokumentiert, Verantwortlichkeiten sind unklar, Prozesse sind unausgereift. Die Organisation war nie darauf vorbereitet, dass sie ohne den Superhelden funktionieren muss.


Auch für den Superhelden selbst ist dieses System nicht nachhaltig. Viele geraten in eine Überlastungsspirale, aus der sie kaum noch herauskommen. Sie können nicht mehr „loslassen“, weil sie sich selbst für unentbehrlich halten – oder von der Organisation so behandelt werden. Das endet nicht selten im Burnout oder einem plötzlichen Rückzug.


Problem 5: Superhelden verhindern die Entwicklung anderer

Wenn die Bühne immer vom Superhelden besetzt ist, kommen andere nicht zum Zug. Junge Talente, stille Expertinnen, neue Perspektiven – all das wird übersehen, wenn immer dieselben Personen im Rampenlicht stehen. Entwicklung braucht Raum. Fehler, Lernprozesse, Verantwortung. Doch wo Superhelden sind, übernehmen sie oft alles – und lassen keine Entwicklung zu.


Das Ergebnis: Nachwuchs bleibt aus, Diversität verkümmert, Potenziale werden nicht gehoben. Die Organisation lebt vom Glanz weniger – statt von der Entwicklung vieler.



Was ist die Alternative?

1. Starke Teams statt starker Einzelner

Gesunde Organisationen setzen auf starke Teams, nicht auf Einzelhelden. Das bedeutet:

  • Verantwortung wird geteilt.

  • Wissen wird dokumentiert.

  • Prozesse sind transparent.

  • Erfolge werden gemeinsam gefeiert.


Ein starkes Team erkennt man nicht daran, dass einzelne glänzen – sondern daran, dass viele beitragen. Es herrscht psychologische Sicherheit, Feedbackkultur und ein klarer Fokus auf gemeinsame Ziele.


2. Systemische statt heroischer Problemlösung

Statt immer wieder Einzelpersonen mit der Lösung von Problemen zu betrauen, braucht es einen systemischen Blick: Warum treten diese Probleme immer wieder auf? Welche strukturellen Ursachen gibt es? Wie kann man Prozesse, Rollen oder Kommunikation verbessern?


So entsteht langfristige Verbesserung – statt kurzfristiger Heldentaten.


3. Förderung statt Abhängigkeit

Statt einzelne zu überfordern, gilt es, viele zu fördern. Talente identifizieren, Entwicklung ermöglichen, Verantwortung schrittweise übertragen. Führung heißt in diesem Fall: Räume schaffen, nicht alles selbst tun. Potenziale sehen, nicht nur Leistung bewerten.


4. Kulturwandel: Von Heroismus zu Nachhaltigkeit

Die stille Norm der Selbstaufopferung muss durch eine Kultur nachhaltiger Leistung ersetzt werden:

  • Gesunde Arbeitszeiten.

  • Fokus statt Dauerstress.

  • Balance statt Burnout.

Das bedeutet auch: Superhelden sichtbar entlasten – und gleichzeitig neue Vorbilder schaffen. Menschen, die gute Arbeit leisten, ohne sich zu überfordern. Teams, die gemeinsam erfolgreich sind.


5. Führungskräfte als Vorbilder für Balance

Führungskräfte sind oft selbst in der Superheldenfalle. Wer alles selbst entscheidet, alles weiß und überall eingreift, sendet ein klares Signal: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Doch das Gegenteil ist produktiver: Loslassen, Vertrauen, Entwicklung ermöglichen.

Gute Führung bedeutet heute nicht mehr, der klügste Kopf im Raum zu sein – sondern Menschen zu befähigen, gemeinsam klüger zu sein.


Fazit: Superhelden sind keine Lösung, sondern ein Symptom

Superhelden wirken auf den ersten Blick attraktiv: Sie lösen Probleme, bringen Leistung, wirken zuverlässig. Doch auf lange Sicht sind sie keine Lösung – sondern ein Symptom für strukturelle Defizite, mangelnde Entwicklungskultur und ein unausgeglichenes System.


Organisationen, die nachhaltig erfolgreich sein wollen, brauchen keine Einzelretter – sie brauchen kollektive Verantwortung, lernfähige Teams und eine Kultur der gesunden Leistung. Das ist weder weniger ambitioniert noch weniger wirksam – im Gegenteil: Es ist stabiler, nachhaltiger und menschlicher.


Der Weg dorthin beginnt mit einem Perspektivwechsel. Vom Superhelden zum System. Von der Einzelglanzleistung zum Team-Erfolg. Und von kurzfristiger Bewunderung hin zu langfristiger Wirksamkeit.


Tipp für die Praxis:


Fragen Sie sich in Ihrer Organisation:


  • Wo feiern wir Helden – statt Systeme zu verbessern?

  • Wo überfordern wir Einzelne – statt gemeinsam zu tragen?

  • Wo fördern wir echte Entwicklung – und wo kompensieren wir nur?


Die Antworten darauf sind der erste Schritt zur Veränderung!

コメント


bottom of page