Reset statt Reparatur: Warum Unternehmen jetzt ihr Operating Model neu denken müssen
- Wolfgang Steigenberger
- vor 6 Tagen
- 5 Min. Lesezeit
Executive Summary
In einer Zeit ständiger Disruption stoßen viele Unternehmen mit ihren bestehenden Strukturen und Prozessen an Grenzen. Klassische Operating Models – geprägt von Stabilität, Kontrolle und funktionaler Trennung – passen nicht mehr zur heutigen Realität aus hoher Komplexität, Technologiedruck, Fachkräftemangel und veränderten Kundenanforderungen. Trotzdem setzen viele Unternehmen weiterhin auf inkrementelle Optimierung statt auf systemische Transformation.
Der Blog zeigt, warum gerade jetzt ein radikales Umdenken notwendig ist: Ein modernes Operating Model muss anpassungsfähig, kundenzentriert, kollaborativ und technologieintegriert sein – und dabei sowohl Performance als auch Menschlichkeit verbinden. Es geht nicht um ein neues Organigramm, sondern um eine neue Systemlogik für Zusammenarbeit, Führung und Wertschöpfung.
Unternehmen, die ihr Operating Model jetzt mutig neu denken, sichern nicht nur ihre Wettbewerbsfähigkeit – sie gestalten aktiv ihre Zukunft.

Einleitung:
Der Begriff „Operating Model“ klingt für viele nach internen Prozessen, Organigrammen und Entscheidungswegen – also nach Strukturarbeit im Maschinenraum der Organisation. Doch in Wahrheit ist das Operating Model weit mehr: Es ist das unsichtbare Betriebssystem, das bestimmt, wie eine Organisation funktioniert – wie sie entscheidet, wie sie Wert schafft, wie sie Innovation ermöglicht und wie sie Menschen einbindet. Und genau dieses Betriebssystem ist in vielen Unternehmen heute nicht mehr zukunftsfähig.
In einer Zeit, in der sich Märkte, Technologien und Arbeitsweisen radikal wandeln, reicht es nicht mehr, das Bestehende zu optimieren. Unternehmen brauchen kein Tuning, sondern ein vollständiges Reframing: Reset statt Reparatur. Dieser Beitrag zeigt, warum jetzt der richtige Moment für einen fundamentalen Neuentwurf ist – und worauf es dabei wirklich ankommt.
1. Warum das bestehende Operating Model nicht mehr funktioniert
In den letzten Jahrzehnten waren viele Operating Models auf Effizienz, Kontrolle und Planbarkeit ausgerichtet. Sie funktionierten gut in einer Welt mit kalkulierbaren Märkten, stabilen Kundenbeziehungen und linearer Produktentwicklung. Doch diese Welt existiert nicht mehr.
Heute ist das Umfeld vieler Unternehmen geprägt von:
Disruption durch Technologie (z. B. KI, Plattformökonomien)
Dauerhafte Unsicherheit (Krisen, Lieferketten, geopolitische Spannungen)
Neuen Kundenlogiken (Personalisierung, Geschwindigkeit, kanalübergreifende Erwartungen)
Fachkräftemangel und veränderte Werte in der Arbeitswelt
Zunehmender Komplexität und Vernetzung von Geschäftsmodellen
Die Folge: Unternehmen, die mit einem „alten Betriebssystem“ auf diese neue Realität reagieren wollen, geraten ins Stocken. Entscheidungen dauern zu lange, Silos verhindern Innovation, Talente wandern ab, und die Organisation verliert an Orientierung und Anpassungsfähigkeit.
2. Typische Symptome eines überholten Operating Models
Viele Unternehmen erleben aktuell Symptome, die auf strukturelle Ursachen hinweisen – sie spüren, dass „etwas nicht mehr funktioniert“, ohne das eigentliche Problem zu erkennen. Typische Signale:
Langsame Entscheidungsprozesse, obwohl die Welt immer schneller wird
Hohe Meetinglast, aber wenig echte Verbindlichkeit oder Ownership
Silos zwischen Abteilungen oder Standorten, die Zusammenarbeit erschweren
Unklare Verantwortlichkeiten – es bleibt unklar, wer was entscheiden darf
Demotivation und stille Kündigung – besonders bei High Potentials
Technologie wird implementiert, bringt aber keinen echten Fortschritt
Diese Symptome sind nicht das Problem, sondern die Folge eines Operating Models, das nicht mehr zur Wirklichkeit passt. Sie sind ein Weckruf.
3. Warum Optimierung nicht ausreicht
Viele Unternehmen reagieren mit punktuellen Verbesserungen: Prozesse werden digitalisiert, neue Tools eingeführt, agile Methoden ausprobiert, Führungskräfte geschult. Das Problem dabei: All das findet im Rahmen eines überholten Modells statt. Es ist, als würde man eine veraltete Software mit neuen Funktionen ausstatten, ohne den zugrunde liegenden Code zu überarbeiten.
Beispiel: Ein Unternehmen führt OKRs (Objectives & Key Results) ein – aber in einer Organisation, in der Ziele top-down vorgegeben, Abteilungen abgeschottet arbeiten und Verantwortung nicht verteilt ist. Das Ergebnis: Frustration, Mehraufwand und Widerstände.
Fazit: Es bringt nichts, an Symptomen zu arbeiten, wenn die Systemlogik falsch ist. Was es braucht, ist ein echter Reset: ein neues, passendes Operating Model.
4. Was ein zukunftsfähiges Operating Model leisten muss
Ein modernes Operating Model muss mehr sein als ein neues Organigramm oder ein Prozesshandbuch. Es muss die Fähigkeit der Organisation stärken, in einer unsicheren, schnellen und vernetzten Welt wirksam zu bleiben.
Zentrale Anforderungen an ein zukunftsfähiges Operating Model:
Kundenzentrierung: Wertschöpfung muss sich konsequent an Kundennutzen orientieren – über Funktionen, Produkte und Kanäle hinweg.
Speed & Anpassungsfähigkeit: Entscheidungen müssen dort getroffen werden, wo das Wissen sitzt – nicht nur dort, wo Macht liegt.
Vernetzte Zusammenarbeit: Teams müssen cross-funktional und autonom agieren können, statt in Abhängigkeiten zu erstarren.
Empowerment & Verantwortung: Mitarbeitende brauchen Handlungsspielräume, klare Rollen und psychologische Sicherheit.
Technologieintegration: Digitalisierung muss integraler Bestandteil der Wertschöpfung sein – nicht ein Add-on.
Kulturelle Passung: Struktur, Führung und Werte müssen sich gegenseitig stärken – statt zu widersprechen.
5. Vom Hierarchie-System zum adaptiven System
In klassischen Operating Models dominiert die Vorstellung von Organisation als Pyramide: klare Befehlsketten, Prozesse, Berichtslinien. In der neuen Realität braucht es jedoch eher ein Netzwerkmodell, das sich dynamisch anpassen kann. Die Organisation wird zum adaptiven System:
Klassisch (Pyramide) | Modern (Netzwerk) |
Funktionale Silos | Cross-funktionale Teams |
Planung & Kontrolle | Orientierung & Anpassungsfähigkeit |
Top-down-Entscheidungen | Dezentrale Verantwortung |
Effizienzoptimierung | Kunden- und Wertfokus |
Einzelperformance | Teamleistung und Co-Creation |
Das bedeutet nicht, dass Hierarchien verschwinden müssen – aber sie werden durch Prinzipien von Verantwortung, Transparenz und Sinn ergänzt.
6. Wie der Reset gelingt: 7 Schritte zum neuen Operating Model
Ein echtes Redesign braucht Mut, Klarheit und Beteiligung. Hier ein möglicher Fahrplan:
1. Leadership Enablement und Commitment
Ein neues Operating Model braucht auch ein neues Führungsverständnis. Führungskräfte werden gezielt begleitet, neue Rollen definiert. Ohne volles Commitment der Führung ist keine nachhaltige Veränderung möglich.
2. Analyse und Diagnosephase
Wo steht das Unternehmen wirklich? Welche systemischen Blockaden verhindern Wirksamkeit? Hier helfen Interviews, Heatmaps, Value-Stream-Analysen.
3. Konzeption und Systemdesign
Auf Basis der Erkenntnisse wird ein neues Modell entworfen: Wie sollen Entscheidungen laufen? Wer übernimmt welche Verantwortung? Wie werden Kundenbedürfnisse integriert?
4. Planung
Ein genauer Blick darauf, was wann und wie umgesetzt wird, reduziert die Gefahr der Überforderung, ermöglicht Quick-Wins und die Möglichkeit, gesteuerte Maßnahmen zur Anpassung des Vorgehens zu setzen.
5. Pilotierung
Das neue Modell wird in ausgewählten Bereichen erprobt – im Realbetrieb. Wichtig: Es geht nicht um Testen auf dem Papier, sondern um echte Umsetzung.
6. Skalierung & Verankerung
Erfolgreiche Elemente werden ausgerollt, weiterentwickelt und systematisch verankert – über Governance, Prozesse, Kultur und HR-Systeme. Ein wichtiger Punkt: Wir achten darauf, dass die Expertise bei Ihnen entsteht, wächst und bleibt und nicht mit uns aus dem Unternehmen verschwindet, wenn das Projekt zum Ende kommt!
7. Validierung
Regelmäßige Validierung des Vorgehensmodells und dessen Auswirkungen auf die Organisation. So können unerwünschte Resultate zeitnah korrigiert werden. Gleichzeitig erhalten alle Beteiligten die Rückmeldung zu erfolgreich umgesetzten Maßnahmen und Initiativen.
7. Erfolgsfaktoren: Worauf Unternehmen achten sollten
Der Umbau des Operating Models ist kein reines Strukturprojekt. Es ist ein kultureller, strategischer und politischer Veränderungsprozess. Daher sind folgende Punkte entscheidend:
Top-Commitment: Ohne echte Unterstützung der obersten Führungsebene scheitert der Wandel.
Involvement statt Anordnung: Mitarbeitende müssen beteiligt werden – sonst bleibt das Modell auf dem Papier.
Iteratives Vorgehen: Transformation verläuft nicht linear. Es braucht Schleifen, Feedback und Anpassungsfähigkeit.
Mut zur Lücke: Nicht alles muss von Anfang an perfekt sein. Entscheidend ist der Schritt in die richtige Richtung.
Glaubwürdige Kommunikation: Menschen folgen nicht PowerPoints – sondern Klarheit, Haltung und echten Gesprächen.
Entwicklung einer Lernkultur: "Wir gewinnen oder wir lernen", dieses Motto beschreibt die Entwicklung eines neuen Operating Models am Besten. Wenn etwas nicht funktioniert, entsteht Klarheit, was nicht passt oder funktioniert.
Geduld: Während manche Quick-Wins unmittelbar die Motivation der Beteiligten stärken, können manche Maßnahmen länger dauern und von allen Beteiligten viele Anstrengungen fordern. Hartnäckigkeit und Standhaftigkeit werden dann auf die Probe gestellt.
8. Fazit: Reset statt Reparatur – jetzt ist der Moment
Das Betriebssystem vieler Organisationen stammt aus einer Zeit, die nicht mehr existiert. Wer es jetzt nicht grundlegend erneuert, riskiert nicht nur operative Ineffizienz, sondern strategische Irrelevanz. Der Wandel ist nicht einfach – aber möglich. Und: Er lohnt sich.
Unternehmen, die ihr Operating Model mutig neu denken, schaffen die Voraussetzungen für:
nachhaltige Wertschöpfung,
resiliente Teams,
engagierte Mitarbeitende
und eine starke, zukunftsfähige Position am Markt.
Es ist Zeit für den Reset. Nicht irgendwann – sondern jetzt.
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