Warum so viele ambitionierte Business Development Projekte scheitern – und was das mit dem Operating Model zu tun hat
- Wolfgang Steigenberger
- 30. Juni
- 6 Min. Lesezeit
Executive Summary
Business Development gilt als Wachstumsmotor vieler Unternehmen – doch in der Praxis scheitern zahlreiche Initiativen, bevor sie wirklich durchstarten. Der Hauptgrund liegt nicht in den Ideen selbst, sondern im System: Viele Operating Models sind schlichtweg nicht auf Neues ausgelegt. Sie fördern Effizienz und Stabilität, blockieren jedoch Innovation, Tempo und mutige Entscheidungen.
Kernprobleme:
Neue Projekte werden mit alten Ressourcen „nebenbei“ betrieben – was zu Prioritätskonflikten und Energieverlust führt.
Das Operating Model (Strukturen, Prozesse, KPIs, Entscheidungslogik, aber auch die Kultur und die Netzwerke) ist auf das Kerngeschäft optimiert – nicht auf Exploration.
Es fehlt an Schutzräumen für Innovation sowie klaren Rollen und Ressourcen im Business Development.
Viele Organisationen setzen auf „Quick Wins“, obwohl echte Innovation Zeit, Fokus und Durchhaltevermögen braucht.
Was es braucht:
Ein angepasstes Operating Model, das Business Development strukturell verankert.
Klare Priorisierung und Ressourcenzuweisung für strategische Innovationsfelder.
Die Trennung von Alt und Neu – bei gleichzeitiger Anbindung an das Gesamtsystem.
Eine gelebte Lern- und Fehlerkultur sowie langfristig gedachte Business Development Funktionen.
Wer Zukunft entwickeln will, muss sie auch strukturell ermöglichen. Das bedeutet, nicht nur gute Ideen zu fördern – sondern das eigene Organisations-Betriebssystem konsequent auf Innovation und Wachstum auszurichten.

Einleitung
Sie starten mit Euphorie, versprechen neue Märkte, Innovation und Wachstum – und enden allzu oft in Frust, Ressourcenverschleiß und einem heimlichen Begräbnis in der Schublade. Ambitionierte Business Development Projekte gelten in vielen Unternehmen als der Königsweg in die Zukunft. Und die Business Development Manager stehen im Fokus. Doch ein Großteil dieser Initiativen scheitert. Nicht wegen fehlender Ideen oder Marktpotenziale, sondern weil die Organisation dahinter strukturell nicht darauf vorbereitet ist. In diesem Blog beleuchten wir die häufigsten Gründe für das Scheitern von Business Development Vorhaben – mit besonderem Fokus auf das Betriebssystem eines Unternehmens: das Operating Model.
1. Die bittere Wahrheit: Wenn ambitionierte Vorhaben gegen das System laufen
In fast jedem Strategie-Meeting taucht es auf: das neue Geschäftsfeld, das man jetzt „endlich einmal richtig angehen“ müsse. Oft gibt es sogar schon ein kleines Team, das ein Konzept erstellt, einen Pitch vorbereitet oder erste Kundenansprachen testet. Was folgt, ist meist eine Mischung aus Hoffnung, Ad-hoc-Ressourcensuche und ein bisschen Blindflug.
Das Problem: Die Organisation funktioniert wie ein gut geöltes Uhrwerk – allerdings für das bestehende Kerngeschäft. Wenn Business Development dann mit denselben Mechanismen, denselben Entscheidungswegen und vor allem denselben Ressourcen „nebenbei“ laufen soll, ist das Scheitern vorprogrammiert.
2. Die Hidden Saboteure: Strukturen, die das Neue verhindern
Unternehmen sind dafür gebaut, das Bestehende effizient zu betreiben. Prozesse, IT-Systeme, Budgets, Entscheidungslogiken – all das ist auf das Kerngeschäft ausgerichtet. Neue Geschäftsfelder dagegen erfordern ein völlig anderes Denken: Experimentieren statt Optimieren, Testen statt Planen, Tempo statt Absicherung.
Was passiert, wenn man beide Welten vermischt? Meist verliert das Neue. Denn es hat keine Lobby, keinen klaren Platz im Operating Model – und konkurriert direkt mit dem Tagesgeschäft um Aufmerksamkeit und Ressourcen.
Typische strukturelle Saboteure:
Budgetlogik: Business Development muss sich mit „Rückstellungen“ oder Sondertöpfen begnügen.
Entscheidungswege: Neue Ideen durchlaufen dieselben langwierigen Freigabeprozesse wie ein Maschinenkauf.
KPIs: Der Erfolg neuer Initiativen wird nach Maßstäben des alten Geschäfts gemessen.
Personalplanung: Dieselben Personen, die heute das operative Geschäft stemmen, sollen „nebenbei“ Neues entwickeln. Neu eingestellte Business Development Manager sollen auf vorhandenes Personal zugreifen, das meist ohnehin schon überlastet ist.
3. Ressourcenillusion: Warum „machen wir mit“ oft in „machen wir nicht mehr“ endet
Einer der zentralen Gründe für das Scheitern vieler Business Development Initiativen ist die naive Annahme, man könne sie mit bestehenden Ressourcen stemmen. „Da arbeiten halt zwei Leute aus dem Vertrieb mit“, heißt es dann – oder: „Das kann die Innovationsabteilung parallel mit übernehmen.“
Doch Ressourcen sind nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ gebunden. Wer bereits zu 100 % im Tagesgeschäft steckt, hat weder Zeit noch geistige Kapazität, um disruptive Ideen zu entwickeln, Märkte zu analysieren oder MVPs zu testen. Vor allem: Die Prioritäten im Alltag sind klar – wenn der Key Account anruft, hat das neue Projekt Pause.
Das Ergebnis: Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle verkommt zur Randbeschäftigung, wird über Monate gestreckt, verliert Energie und Relevanz – bis sie irgendwann stillgelegt wird. Nicht, weil sie schlecht war, sondern weil niemand wirklich Raum und Fokus dafür geschaffen hat.
4. Operating Model – das unterschätzte Fundament
Wer Business Development ernst meint, muss das Betriebssystem des Unternehmens ernst nehmen. Das Operating Model umfasst weit mehr als Organigramme und Prozesse – es regelt, wie Entscheidungen getroffen, Ressourcen allokiert und Erfolg gemessen wird. Und genau hier liegt der Hund begraben.
"Viele Unternehmen haben ein Operating Model, das auf Effizienz, Risikovermeidung und Stabilität ausgelegt ist. Business Development aber braucht ein Modell, das auf Lernen, Geschwindigkeit und Autonomie setzt."
(Thomas Untereichner)
Zentrale Fragen an das Operating Model:
Wo ist Business Development organisatorisch verortet?
Welche Entscheidungsbefugnisse hat es?
Wie ist der Ressourcenzugang geregelt?
Gibt es geschützte Räume für Innovation und Entwicklung?
Wie wird Erfolg gemessen – und ab wann darf etwas scheitern, bzw. wie ist Scheitern definiert?
Wenn auf diese Fragen keine klare Antwort existiert, ist das ein Warnsignal. Denn dann ist das Neue strukturell heimatlos – und bleibt damit abhängig vom Wohlwollen einzelner Personen oder spontanen Managemententscheidungen.
5. Alte und neue Welt trennen – aber nicht entkoppeln
Ein häufiger Reflex ist es, Business Development in eigene Einheiten auszulagern. Labs, Hubs, Venture Units oder Inkubatoren entstehen – oft mit bunten Möbeln und Startup-Atmosphäre. Das kann sinnvoll sein, wenn damit ein echtes Schutzbiotop geschaffen wird, das schnell arbeiten, ausprobieren und scheitern darf.
Doch die Trennung birgt auch Risiken: Wenn es keine strukturierte Rückkoppelung zur Mutterorganisation gibt, entstehen Parallelwelten. Die einen optimieren Prozesse und senken Kosten, die anderen entwickeln neue Ideen, die nie in die Umsetzung kommen – weil niemand im Kerngeschäft sie übernehmen will oder kann., und die ganz viel Geld kosten können.
"Die Kunst liegt darin, klare Räume für das Neue zu schaffen – und gleichzeitig eine Brücke zur Umsetzung zu bauen."
(Wolfgang Steigenberger)
6. Fokus, Fokus, Fokus: Business Development braucht klare Prioritäten
Einer der häufigsten Fehler ist es, zu viele Projekte gleichzeitig zu starten. Jede Führungskraft hat „ihre“ Idee, jede Abteilung einen Anwendungsfall. So entsteht ein Sammelsurium von halbfertigen Initiativen, das weder sichtbar noch wirksam ist.
Business Development braucht Priorisierung. Und Priorisierung braucht Mut. Mut, sich auf wenige Themen zu fokussieren – und andere bewusst liegenzulassen. Das gelingt nur, wenn es klare strategische Leitplanken gibt und eine operative Steuerung, die diese Linie auch durchhält.
Tipp: Ein Portfolio-Ansatz hilft, Business Development Vorhaben systematisch zu bewerten, zu priorisieren und ressourcenseitig zu unterfüttern. Kriterien können sein: Marktpotenzial, strategische Passung, Ressourcenbedarf, Umsetzungsnähe und internes Know-how.
7. Der Mythos vom „Quick Win“ – und warum echte Innovation Zeit braucht
Oft wird Business Development mit der Erwartung verknüpft, dass es kurzfristig neue Umsätze generiert. „Wir brauchen ein neues Produkt, das wir noch dieses Jahr launchen können“, heißt es dann. Doch echte Markt- und Geschäftsmodell-Innovationen brauchen Zeit – nicht selten mehrere Jahre.
Die Suche nach dem „Quick Win“ führt dazu, dass Projekte künstlich beschleunigt werden – oder man auf halber Strecke aufgibt, weil der schnelle Erfolg ausbleibt. Dabei ist nachhaltiges Business Development kein Sprint, sondern ein strategischer Langlauf.
Erfolg entsteht dort, wo Geduld mit Struktur kombiniert wird.
8. Kultur als entscheidender Hebel: Scheitern ist erlaubt – aber nicht folgenlos
Ein unterschätzter Erfolgsfaktor ist die Kultur. In vielen Organisationen ist das Scheitern von Projekten ein Tabu – mit Sanktionen, Imageschäden und Schuldzuweisungen. Business Development lebt aber vom Prinzip Versuch und Irrtum. Wer nichts riskieren darf, wird nichts Neues schaffen.
Dazu braucht es eine Kultur, in der Experimente nicht nur erlaubt, sondern gewünscht sind – und in der das Scheitern analysiert und zum Lernen genutzt wird. Eine offene Fehlerkultur ist kein Soft-Skill, sondern Teil des strategischen Fundaments erfolgreicher Business Development Arbeit.
"We win or we learn"
(John Kavanagh, irischer MMA-Trainer und Coach von Conor McGregor)
9. Vom Projekt zur Funktion: Warum Business Development eine eigene Rolle braucht
In vielen Unternehmen wird Business Development als Projekt gedacht – etwas Temporäres, das irgendwann abgeschlossen ist. Doch in einer Welt, in der Märkte sich rasant verändern, reicht das nicht mehr. Business Development muss eine dauerhafte Funktion sein – mit eigenem Mandat, eigenem Budget und klarer strategischer Anbindung.
Das bedeutet aber auch: Es braucht Menschen, die diese Rolle professionell ausfüllen – mit Marktkompetenz, methodischem Know-how, interner Vernetzung und einer gewissen Frustrationstoleranz. Denn sie bewegen sich an der Schnittstelle von Altem und Neuem – einem Terrain voller Spannungen und permanenter Unsicherheit.
10. Fazit: Wer Business Development will, muss das Betriebssystem umbauen
Business Development ist kein Nebenjob. Es ist auch kein Zufallsprodukt kreativer Köpfe. Es ist ein strategischer Hebel für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen – vorausgesetzt, die Organisation ist strukturell darauf vorbereitet.
Die häufigsten Gründe für das Scheitern sind nicht in den Ideen, sondern im System zu finden:
Operating Models, die Innovation ausbremsen
Ressourcen, die zwischen Alt und Neu zerrieben werden
Strukturen, die das Neue ohne Rückhalt lassen
Kulturen, die Scheitern sanktionieren statt nutzen
Wer das ändern will, muss den Mut haben, das eigene Operating Model auf den Prüfstand zu stellen. Denn nur dort, wo das Neue nicht nur gewollt, sondern auch möglich gemacht wird, kann es auch wachsen.
Neugierig geworden?
Wenn Sie wissen wollen, wie Ihr Operating Model Business Development verhindert oder fördert, dann sprechen Sie mit uns. Wir helfen Ihnen, Zukunft in Strukturen zu bringen. Oder starten Sie ganz einfach mit dem High Performance Quick Check für ein erstes Assessment Ihrer Organisation.
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